AllgemeinRückblick

Verbände 2023 – Gesellschaft braucht Kirche

By 29. Mai 2023 No Comments

Wir sind als einer der großen Sozialverbände in der Bundesrepublik Deutschland Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AGKV) im Erzbistum Köln und haben am folgenden Text mitgearbeitet:

Verbände 2023 – Gesellschaft braucht Kirche

Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts motivieren die ungelöste Soziale Frage und die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern Menschen dazu, sich zusammenzuschließen, für bessere Lebensumstände und gesellschaftliche Veränderung zu engagieren. Es entstehen Verbände, darunter auch katholische Sozial-, Jugend- und Berufsverbände. Sie alle eint, dass der christliche Glaube und die katholische Soziallehre Grundlage ihres Engagements und ihres Tuns ist.

Nach dem Ende der Nationalsozialistischen Herrschaft sind Verbände am Wiederaufbau und der Demokrati-
sierung der entstehenden Bundesrepublik Deutschland entscheidend beteiligt. Katholische Jugendverbände
gehören zu den Mitbegründern des Deutschen Bundesjugendringes, die Sozialverbände initiiert Projekte zum
sozialen Wohnungsbau, der Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) war beteiligt an der
Ausarbeitung des bundesdeutschen Sozial- und Rentenversicherungssystem. Die Frauenverbände setzen sich
für die Gleichstellung von Frauen ein. Mitglieder Katholischer Verbände engagieren sich häufig parteipolitisch.

Darüber hinaus sind Verbände bis heute gemeinschaftsstiftend und Selbsthilfeorganisation. Sie fungieren als
Mittler zwischen Gesellschaft und Politik, sind Stätten politischer Bildung, gelebten Glaubens und ermög-
lichen Partizipation. Was wie eine Banalität klingt, ist ein Kernsatz im Selbstverständnis eines pluralistischen
Gemeinwesens: Verbände sind für die Funktionsfähigkeit politischer Systeme unverzichtbar.(1)

Wir stehen als Gesellschaft vor großen Herausforderungen. Wie begegnen wir der Klimakatastrophe, wie
schaffen wir Frieden, wie soziale Gerechtigkeit? Auf diese und viele weitere komplexe Fragen gibt es keine
einfachen Antworten. Demokratische Prozesse sind anstrengend. „Demokratie“, darauf wies Paul Löbe hin,
„braucht Demokraten“, sie funktioniert nicht ohne Menschen, die sich engagieren für Themen, für Menschen,
für ein demokratisches Miteinander. Das gilt für früher und heute gleichermaßen. Danach handeln
die Menschen, die sich in katholischen Verbänden zusammenschließen. Sie sind unterschiedlichen
Geschlechts, alte und junge, Stadtbewohner*innen und Landbevölkerung, Netzwerker*innen und Unterstützer*innen. Ihre Arbeit ist wertvoll, für die Gesellschaft, den Staat und die Kirche.

Wir stehen als Kirche vor großen Herausforderungen. Spätestens seitdem die Vielzahl der, durch kirchlichen Schutz ermöglichten Taten sexualisierter Gewalt öffentlich geworden ist und dem zu oft zögerlichen Umgang mit diesen Taten, gilt die Kirche in der Gesellschaft vielerorts als unglaubwürdig. Die schwindenden Mitgliederzahlen schwächen ihre Bedeutung in der breiten Gesellschaft zusätzlich. So wie die Demokratie Demokrat*innen braucht, braucht die Kirche engagierte Gläubige. Die Neustrukturierung der Pfarreien im Erzbistum braucht Engagierte, die bereit sind in den Teams der Verantwortlichen tätig zu werden und die geforderte Willkommenskultur und Nähe zu den Menschen mit Leben zu füllen.
Katholische Verbände sind Kirche. Sie sind wesentlicher Bestandteil aktiven Gemeindelebens. Ihre Mitglieder gestalten vielerorts das Gemeindeleben mit. Sie erreichen als Teil von Kirche solche Menschen, die von Kirchengemeinden nicht (mehr) erreicht werden. Die katholischen (Fach-)Verbände werden als Gesprächspartner*innen in Gesellschaft und Politik weiterhin geschätzt.

Es braucht neben engagierten und motivierten Menschen auch starke Rahmenbedingungen. Dazu gehören finanzielle Unterstützungsleistungen, Orte und Räume, an denen verbandliches Leben stattfinden kann und nicht zuletzt die Anerkennung als wichtiger Teil kirchlichen Lebens. Wir fordern von der katholischen Amtskirche, insbesondere dem Erzbistum Köln, diese Rahmenbedingungen zu erhalten und zu stärken. Bildungsstätten dürfen nicht geschlossen werden. Finanzielle und personelle Unterstützung der Verbands-arbeit sind dringend notwendig. Wir sind Teil katholischer Kirche und wollen als solcher anerkannt sein.
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(1) Zitiert nach: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/29798/funktionen-von-verbaenden-in-
der-modernen-gesellschaft/#footnote-target-1